Donnerstag, 13. Januar 2011

Prävalenz der erektilen Dysfunktion

Fortschritte im Bereich der Diagnostik und Grundlagenforschung in den letzten 10 Jahren zur erektilen Dysfunktion (im folgenden ED) zeigen exemplarisch an einem "kleinen Gesundheitsproblem" die Notwendigkeit einer interdisziplinären geschlechtsspezifischen Forschung. Dabei hat sich ein Wandel der Betrachtungsweise von einer fast ausschließlich psychogenen zu einer organisch dominierten multifaktoriellen Ätiologie vollzogen. Die Zusammenhänge zwischen männlicher Sexualität und Lebensqualität sind naheliegend. Die Ausprägung von Sexualstörungen unterliegt unter anderem sozialen und kulturellen Schwankungen, so ist vielleicht erklärbar, dass für lange Zeit der  bereits im Jahre 1948 publizierte "Kinsey-Report" die einzig zuverlässige Datenquelle darstellte. Die starke Varianz bezüglich der Prävalenzdaten wird deutlich, wenn man die verschiedenen vorliegenden europäischen Studien genauer betrachtet. In den skandinavischen Ländern wurden relativ viele Studien mit einem unterschiedlichen Design durchgeführt. So berichtet Diemont bei einer Befragung von 331 Männern im Alter von 20-65 Jahren über eine Impotenzrate von 2,7 %. Auf ähnliche Ergebnisse kommen Lendorf und Mitarbeiter, die über eine Impotenzrate von 4 %bei 272 Männern mit einer Altersverteilung von 30-79 Jahren, berichten. Die Impotenzrateder Männer ab dem Lebensjahr differiert hier allerdings von den von Kinsey erhobenen Daten mit 10-11 % vs. 25-75 %, deutlich. Eine dänische Arbeitsgruppe fand bei 5,4 %von insgesamt 741 Männern im Alter zwischen 18-88 Jahren eine deutlich eingeschränkte Erektionsfähigkeit. Andere Untersucher konnten diese Daten dahingegen bestätigen, dass in ihrer Umfrage bei einer kleinen, aber regional repräsentativen Gruppe von Männern um die fünfzig Jahre ebenfalls eine Rate von 5 % mit einer ausgeprägten Einschränkung der sexuellen Funktion gefunden wurde. Darüber hinaus berichteten 15% über milde, weniger ausgeprägte Potenzprobleme. In Holland zeigten zwei regionale Studien Impotenzraten, welche einen kontinuierlichen Anstieg von 3 % in den jüngeren (40-45 Jahre) bis ca. 60 % bei den älteren (78-79 Jahre) Altersgruppen aufwiesen. Im Gegensatz zu der altersstratifiziert steigenden Anzahl von Erektionsstörungen beschrieben die jüngeren Männer dieses Problem als wesentlich störender (bis 100 %), während nur noch 16-21 % Männer im Alter von 78-79 Jahren sich von der eingeschränkten Erektionsfähigkeit in ihrem Allgemeinbefinden gestört sahen. Die von Feldmann und Mitarbeiter publizierte "Massachusetts Male Aging Study (MMAS)" zeigte
eine Gesamtprävalenz der kompletten Impotenz von 20 %, wenngleich ein wesentlich größerer Anteil von Männern an gering- bis mäßiggradig ausgeprägten Sexualstörungen leiden.  Diese Studie war die erste große epidemiologische Untersuchung, die validierte Fragebögen benutzte. Zusätzlich wurde die Abhängigkeit von Begleiterkrankungen und entsprechender Komedikation herausgearbeItet. So konnte gezeIgt werden, dass Patienten mit Herzerkrankungen, Diabetes mellitus oder Hypertonie gehäuft an den Symptomen einer ED, verglichen mit der repräsentativen Gesamtstichprobe, leiden. Entsprechend zeigte sich eine überdurchschnittliche Häufigkeit von ED bei Männern, die mit Vasodilatatoren, Kardiaka, antihyperglykämischen Substanzen sowie Antihypertensiva behandelt wurden. Diese Daten wurden durch eine Erhebung in Frankreich gestützt, welche ebenfalls über eine Gesamtprävalenzratevon 20%bei 1403 Männer im Alter von 18 bis 69 Jahre berichtet.
Zusammenfassend lässt sich schließen, dass Prävalenzdaten der ED innerhalb eines Kulturkreises zeitlichen Schwankungen unterliegen und tendenziell der Anteil von Männern mit Erektionsstörungen steigt. Die Daten können nur bedingt auf verschiedene Kulturkreise übertragen werden. Weitere Einflussgrößen sind die Art Befragung, das verwandte Inventar und die Selektion der Befragten. Nicht zu unterschätzen und außerordentlich komplex ist der Einfluss der Medien, der entscheidend dazu beiträgt, ob ein Symptom als "altersgemäß" oder "krankhaft" interpretiert wird und sich in Abhängigkeit von der individuellen rtuation ein Leidensdruck entwickelt.

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