Montag, 31. Januar 2011

Operationen und Radiatio im kleinen Becken

Ein nicht unerheblicher Teil von Erektionsstörungen sind iatrogen operativ oder radiogen bedingt.
Eine Vielzahl von Studien haben belegt, dass die erektile Funktion von der Intaktheit der empfindlichen
vegetativen Fasern der neurovaskulären Bündel abhängt.  Alle operativen oder radiogenen Eingriffe im kleinen Becken beeinflussen die parasympathischen Fasern des Plexus hypogastricus oder direkt die periprostatischen neurovaskulären Bündel. Daneben könncn auch direkte Schädigungen der penilen Arterien durch operative Manipulationen im kleinen Becken eintreten. Das neuronale Trauma und die Schädigung
der peniJen Durchblutung dürften die maßgeblichen Ursachen für eine postoperative erektile Dysfunktion
darstellen. Dabci besteht kein prinzipieller Unterschied zwischen einer iatrogenen radiogenen oder operativen Schädigung. Als Beispiele sollen die Rektumamputation beim Rektumkarzinom und besonders die radikale Prostatektomie bzw. externe Radiatio beim lokalisierten Prostatakarzinom angeführt werden. Diese Prozeduren stellen mittlerweile die häufigsten onkologische Eingriffe beim Mann dar. Nach externer Radiotherapie tritt in der Regel die erektile Dysfunktion nach 12-36 Monaten-ohne-Erholungstendenl. ein,
während nach Operation eine unmittelbare postoperative Erektionsstörung besteht, die sich je nach Ausmaß der Schädigung innerhalb von 24 Monaten bessern kann, da das autonome Nervensystem eine rehabilitatives Potential besitzt. Walsh und Mitarbeiter konnten in mehreren Arbeiten durch die exakte Beschreibung der neurovaskulären Bündel die Perfektionierung der OPTechnik für eine "anatomische radikale Prostatektomie" beim lokalisierten Prostatakarzinom einleiten. Mit diesen mittlerweile etablierten Techniken konnte die Rate der postoperativen erektilen Dysfunktionen in Abhängigkeit vom Tumorstadium und der präoperativen erektilen Funktion deutlich reduziert werden. Somit gelingt in ca. 40-50 % aller Patienten eine Erektionsprotektion trotz radikaler Prostatektomie. Mittlerweile lassen sich durch den frühzeitigen Einsatz von PDE5-lnhibitoren die postoperativen Erektionsstörungen weiter reduzieren bzw. eine Rehabilitation
der penilen Funktion beschleunigen. In ähnlicher Weise lässt sich der Zeitpunkt bis zu einer relevanten Erektionsstörung nach Radiotherapie durch PDE5-lnhibitoren hinauszögern. Eine Beso.nderheit der externen Radiotherapie eines Prostatakarzinomes ist jedoch die mittlerweile etablierte Kombination der Radiatio mit einer temporären antiandrogenen Therapie, um die Tumorzellapoptose zu erhöhen. Diese
Kombination führt zu einer gut belegten Prognoseverbesserung der Patienten bezüglich der Tumorerkrankung, hat jedoch zum Nachteil, dass zu der direkten radiogenen Schädigungder neurovas  ku]arenBUndellGefäße eitletemporär< hormone! ~~ le Komponente hinzutritt, die Libido und Erektionsfahigkeit
deutlich negativ beeinflusst. In der Zusammenfassung kann gesagt werden, dass bei onkologischen Eingriffen im kleinen Becken ein stark erhöhtes Risiko für eine erektile Dysfunktion
besteht. Dies sollte mit dem Patienten frühzeitig besprochen werden, da sich durch eine frühe Behandlung/Prävention bei einem Teil der Patienten die erektile Dysfunktion mildern lässt.

Freitag, 28. Januar 2011

Hormonelle Störungen

Die Bedeutung von hormonellen Störungen auf die erektile Funktion ist in vielen Punkten noch ungeklärt. Auch ist der Zusammenhang zwischen Hormonkonzentrationen und sexuellem Verhalten nicht eindeutig. Der Mensch hat im Gegensatz zu vielen Säugetieren keine abgegrenzten hormonell ausgelösten Brunftperioden. Insofern wird die Bedeutung der männlichen Hormone in Hinblick auf Potenz und sexueller Leistungsfähigkeit eher überschälzt. Allerdings gibt es mittelbare Einflüsse von Testosteron auf die Synthese von Enzymen, die für die Regulation des penilen Schwellkörpers notwendig sind (NO-Synthase). Die Steuerung der Hormonbildung bezüglich der Androgene unterliegt komplizierten Regelkreisen zwischen Hypothalamus, Hypophyse und den Hoden. In den letzten Jahren ist eine Diskussion um einen möglichen Hormonmangel des alternden Mannes (Aging Male) entbrannt. Derzeit ist unklar, ob die nachgewiesene langsame Abnahme der Hormonproduktion von Testosteron (ca. I % pro Lebensjahr ab dem 40. Lebensjahr) Einfluss auf die Potenz hat und eine Hormonsubstitution sinnvoll ist. Ursächlich für ein so genanntes Hormondefizit des alternden Mannes ist weniger eine Unter- oder Fehlfunktion der Hoden, als eher ein Nachlassen der übergeordneten Taktgeber im Gehirn (Hypothalamus). Der altersassoziierte Hormonmangel darf somit eher als neurodegenerativer Prozess verstanden werden. Ein Mangel an Testosteron führt meist zu einer Libidostörung mit nachfolgender erektilen Dysfunktion. Umgekchrt hat die zusätzliche Zufuhr von Testosteron bei Männern mit normalem Hormonniveau kaum Wirkung auf die Potenz. Unter dcn wciteren Ursachen für eine Hormonstörung, dic zu einer erektilen Dysfunktion führen können, wäre die so genannte Hyperprolaklinämie zu nennen. Diese lässt sich bei ca. 5% aller EDPatienten nachweisen. Die Hyperprolaktinämie stclllwahrscheinlich die häufigste zentrale be(fingte hormonelle Regulationsstörung dar. Geringe Prolaktinerhöhungen « 75 nglml) sind nicht seltcn situativ oder durch chronischen Stress bedingt. Die Halbwertzeit des Prolaktin beträgt nur ca. 20-30 Minuten. Konstant hohe oder kontinuierlich steigende Prolaktinwerte können auf Tumoren der Hirnanhangdrüse (Makroprolaktinome) hinweisen. Ebenfalls fördern einige Medikamente (z.B. Metoclopramid, Reserpin) oder Leber- und Niercnerkrankungen die Prolaktinbildung. Erektionsstörungen können weiterhin im Zusammenhang mit Schilddrüsenfehlfunktionen auftreten. Häufig stehen hier allerdings andere Symptome im Vordergrund. Aufgrund der hohen Prävalenz von Schilddrüsen funktionsstörungen gehört die Laborbestimmung des TSH als Screening zum Programm einer ED-Abklärung.

Donnerstag, 27. Januar 2011

Kardiovaskuläre und andere Medikationen als Auslöser für eine erektile Dysfunktion


Eine Reihe von Medikamenten, die für die Behandlung
kardiovaskulärer Erkrankungen eingesetzt werden, beeinflussen direkt oder indirekt die Funktion der penilen Schwellkörper. Bekanntestes Beispiel stellen die unselektiven ß-Rezeptorenblocker dar. Ursächlich wird durch die ß- Blockade die glatt muskuläre Relaxation der Schwellkörper durch relative Steigerung der a-adrenergen Einflüsse behindert. Bei den selektiven ß,-Rezeptorblockern tritt die Beeinträchtigung wesentlich geringer auf.Auch Thiazide und Spironolacton beeinflussen die Erektionsfähigkeit bei vielen Patienten negativ. Andere Substanzen wie Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer oder ATI-Rezeptorantagonisten sind für die Erektionsfähigkeit unkritischer. Allerdings benennen Patienten nicht selten exakt den Tag/Woche der ersten Einnahme eines kardialen Medikaments und beschreiben ein gleichzeitiges Auftreten einer Erektionsstörung. Dies führt dann nicht selten zum Absetzen der kardialen Medikation bzw. zu einer ungenügenden Compliance insbesondere bei jüngeren Patienten. Aus diesem Grund ist es wichtig, Patienten nach Beginn/Umstellung einer kardiovaskulären Medikation auf evtl. aufgetretene sexuelle Funktionsstörungen anzusprechen.Die Compliance für eine notwendige kardiovaskuläre Medikation hängt entscheidend davon ab. Eine Reihe von weiteren Medikationen können die erektile Funktion beeinflussen. Die unvollständige zeigt eine Aufstellung einiger Medikamente mit erektiler Dysfunktion als möglicher Nebenwirkung, wobei auch die Grunderkrankungen selbst eine Erektionsstörung verursachen können.Es muss nochmals betont werden, dass obige Auflistung von Medikamenten unvollständig ist. Außerdem muss bei Einnahme dieser Medikamente keinesfalls stets mit einer erektilen Dysfunktion als Nebenwirkung gerechnet werden. Im Einzelfall ist sehr genau zu besprechen, ob ein Medikamentenwechsel sinnvoll und vertretbar ist. Grundsätzlich gilt, dass die Erektionsfähigkeit je nach Grunderkrankung (z.B. Herzinfarkt, Hirnschlag) nicht zum Maß aller Ding gemacht werden darf).Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit istentscheidend, wenn eine Medikation hinsichtlich der "Nebenwirkung" Erektionsstörungoptimiert werden soll.

Mittwoch, 26. Januar 2011

Kardiovaskuläre Belastung während sexueller Aktivität

Augeschreckt durch Medienberichte ("Tod beim Sex") wird in der Regel die kardiovaskuläre Belastung bzw. das Risiko eines kardiovaskulären Ereignissen während sexueller Aktivität zu hoch eingeschätzt. "Plötzlicher Herztod" bei sexueller Aktivität beinhaltet in der Mediendarstellung in der Regel eine moralisierende Komponente. Entscheidend für die Risikoeinschätzung ist der Zustand des kardiovaskuIären Systems. Die tat sächliche Herz-Kreislaufbelastung beim Koitus ist als eher niedrig einzustufen. Bei gesunden Männer kommt es zu eine Herzfrequenzsteigerung auf ca. I40/min und Blutdrucksteigerung auf ca. 160/80 mmHg. Der Energieverbrauch gemessen in MET (metabolie equivalent of the task) darf als gering eingeschätzt werden und liegt nicht nennenswert über den Belastungen des Alltags. Das Herzinfarktrisiko während einer sexuellen Betätigung selbst ist sehr gering. Der Anstieg des absoluten Risikos für Männer mit hohem kardiovaskulären Risiko und wöchentlicher sexueller Aktivität beträgt für die sexuelle Aktivität selbst ca. 0, I % während eines Jahres. Es besteht eine höhere Risikosteigerung bei aushäusigem Geschlechtsverkehr mit "ungewohnten" Partnern. Untersuchungen aus Deutschland haben belegt, dass ein plötzlicher Herztod beim Sex überwiegend durch eine KHK bedingt war, die in 50% der Fällebereits vorher bekannt war. Der Altersgipfel der Männer lag bei ca. 50 Jahre. Eine sinnvolle Interpretation dieser Befunde geht dahingehend, dass unerkannte Vorerkrankungen im kardiovaskulären System (KHK) durch sexuelle Aktivitäten mehr oder weniger zufällig wie bei jeder anderen körperlichen Aktivität manifest werden können. Die sexuelle Aktivität selbst unterscheidet sich nicht von anderen körperlichen Aktivitäten bezüglich ihres Risikos.

Dienstag, 25. Januar 2011

Kardiale Erkrankungen

Risikofaktoren für eine organisch bedingte erektile Dysfunktion sind weitgehend identisch mit denen einer kardialen Erkrankung. Ähnlich wie bei Diabetes mellitus kann eine Erektionsstörung bei asymptomatischer ausgeprägter Koronarstenose bestehen. Wie mehrfach beschrieben, ist es entscheidend, die erektile Dysfunktion als Symptom einer Grunderkrankung zu verstehen. Die Behandlung der Grunderkrankung kann im Falle einer ausgeprägten koronaren Herzkrankheit für den Patienten lebensrettend sein. Als wesentlicher ursächlicher Faktor darf die Schädigung des Endothels angesehen werden, die sich z.B. in einer koronaren Herzerkrankung und/oder erektilen Dysfunktion manifestiert. Bei Patienten mit manifester koronarer Herzkrankheit  haben neben den organischen Faktoren psychogene Effekte ebenfalls für Erektionsstörungen eine Bedeutung. So ist die Koitusfrequenz bei Patienten mit überstandenen.Myokardinfarkt in 22-75 % der Fälle deutlich herabgesetzt. Hier werden von den Patienten und den Ehepartnern häufig Ängste vor einem Reinfarkt oder Tod angegeben. Insgesamt ist der koitale Tod jedoch sehr selten und betrifft allenfalls 0,2-0,9 % aller plötzlichen Todesfälle. Neuere Untersuchungenerlauben eine Einteilung des sexualitätsbezogenen.Risikos bei Patienten mit kardialer Vorerkrankung welches für die tägliche Praxis gut einsetzbar ist. Sehr plausibel lässt sich der ätiologische Zusammenhang zwischen arterieller Hypertonie und erektiler Dysfunktion beschreiben.  So spielen NO/ cGMP-vermittelte Mechanismen auch im Rahmen der Blutdruckregulation eine wichtige Rolle. Diese Mechanismen sind bei der Hypertonie und bei der ED beeinträchtigt. Gut belegt ist, dass z.B.eine chronische Hypertonie zueiner endothelialen Dysfunktion mit Reduktion der NO-Synthese und gesteigerten Produktion von vasoaktiven Substanzen wie Endothelin-I führen. Dies wirkt einer für die Erektion notwendigen glattmuskulären Relaxation entgegen. Weiterhin kommt es zur vermehrten Induktion von proliferativen Effekten mit nachfolgenden arteriosklerotischen Läsionen, was für die sehr dünnkalibrigen penilen Arterien (Gefäßdurchmesser ca. 1-2 mm) fatal sein kann. Insgesamt ist die Gefährdung von Patienten mit stabilen behandelten Herz-Kreislauferkrankungen als gering einzuschätzen. Diese Patienten sollten eher ermutigt werden, eine normale sexuelle Aktivität auszuüben. Die meisten Patienten gehörenzu der Niedrigrisiko- Gruppe.Hier sind bei regelmäßiger sexueller Aktivität eher protektive Effekte zu erwarten. Ein erhöhtes Risiko besteht bei unerkannten oder dekomp.ensierten kardialen Erkrankungen

Montag, 24. Januar 2011

Diabetes mellitus


Diagnose eines Diabetes mellitus wird gestellt,wenn der Nüchtern-Glucosespiegel im Vollblut bei mehreren Messungen 125 mg/dl übersteigt. Eine wichtige und einfache Diagnosemöglichkeit ist der Glucosetoleranztest. Als Beweis für einen Diabetes mellitus gilt eine Blutglucosespiegel von mehr als 200 mg/dl 2 Stunden nach oraler Gabe von 75 g Glucoseäquivalent. Zur Zeit wird geschätzt, dass in Deutschland ca. 4-5 Millionen Menschen an Diabetes mellitus erkrankt sind. Weitere 2-3 Millionen Menschen befinden sich in der Phase der sogenannten Insulinresistenz, weIche als Vorstufe für einen manifesten Diabetes mellitus Typ 2 angesehen wird. Diabetische Stoffwechselstörungen führen zu einer Vielzahl von akuten und chronischen Komplikationen, wobei für die erektile Dysfunktion mikrovaskuläre und neuropathische Schäden des Corpus cavernosum entscheidend sein dürften. In einigen Untersuchungen zeigte sich, dass bei Diabetikern im kavernösen Gewebe einer verminderte NO-Freisetzung und vermehrte Bildung von endogen freien Radikalen vorliegen. Jedoch dürfen diese Einzelbefunde nicht überinterpretiert werden, da die diabetische Schädigung auf eine Vielzahl von zellulären Regulationsprozessen Einfluss nimmt.
Entscheidend ist, dass bei Diabetikern gegenüber Nicht-Diabetikern eine deutlich erhöhte Prävalenz von Erektionsstörungen besteht. Liegt ein insulinpflichtiger Typ-2-Diabetes länger als 6 Jahre bei über 50jährigen Männern vor, so darf von einer ausgeprägten begleitenden Erektionsstörung ausgegangen werden. Die Gesamtprävalenz einer ED liegt bei Vorliegen eines manifesten Diabetes mellitus bei ca. 60 %. Bei den männlichen Diabetikern dominiert als sexuelle Funktionsstörung die erektile Dysfunktion. Bezüglich des weiblichen Geschlechts liegen nur wenige Untersuchungen vor. Wahrscheinlich besteht eine hohe Koprävalenz zu Vaginismus, Lubrikationsstörungen und Dyspareunie. Die Erektions-bzw. Sexualstörung tritt nicht selten als Primärsymptom eines bislang unentdeckten Diabetes in Erscheinung. Aus diesem Grund ist bei Vorliegen
von Erektionsstörungen im Rahmen der diagnostischen Abklärung ein Laborscreening 7f eine diabetische Stoffwechsellage unabdingbar.