Freitag, 8. April 2011

Anamnese 7

55Jähriger nach Betriebsunfall berenteter Patient.Seit dem Unfall vor 12 Jahren besteht eine komplette Querschnittsymptomatik mit spastischen Lähmungen der Beine. Der Patient ist auf die Hilfe eines Rollstuhls angewiesen. Ein Hypertonus ist seit ca. 2 Jahren gut eingestellt. Es besteht eine Blasenentleerungsstörung.
Der Urin entleert sich nach Beklopfen und Auspressen des Unterbauchs in ein Kondomurinal. Es bestehen Restharnmengen von ca. 50-100 ml ohne obere Harnstauung.Ein intermittierender steriler Einmalkatheterismus wird vom Patienten strikt abgelehnt. Nachdem bereits vor einigen Jahren wegen einer Nebenhodenentzündung der linke Hoden entfernt werden musste, war vor 3 Monaten auch der rechte Nebenhoden durch einen aufsteigenden Harnwegsinfekt betroffen. Trotz antibiotischer Therapie war eine chronisch-rezidivierende Entzündung eingetreten, die zu einer schweren Hodenschädigung des rechten Einzelhodens führte. Nachdem zuvor noch ein Geschlechtsverkehr unter Vermeidung bestimmter Stellungen möglich war, habe er jetzt auch zum Leidwesen seiner Frau keine "Lust" mehr. Die Gliedsteife sei "auch nicht mehr das Wahre", was auf das Alter zurückgeführt wird. Morgenerektionen kommen nicht vor. Weiterhin besteht häufig Nachtschweiß und eine ausgeprägte Antriebsschwäche, die der Patient früher nicht kannte.

Befunde


• Pulmo und Herz auskultatorisch unauffällig

• In der rektalen Untersuchung regelrechter Befund

• Im Bereich des Genitale Hydrozele mit verkleinerten Einzelhoden und aufgetriebenen derben Nebenhoden, Hodenvolumen ca. 10 ml

• IIEF-Score: 14, BMI 23,5

• LDL-Cholesterin leicht erhöht, Harnsäure leicht erhöht

• PSA0,6 ng/ml

• Testosteron in zwei Kontrollen deutlich erniedrigt, LH erhöht, FSH grenzwertig normal

• TSH, Prolaktin im Normbereich

• Nüchtern-Glucose regelrecht, CRP leicht erhöht

• RR 140/80 mmHg bei mehrmaliger Messung

• SKIT-Test nicht durchgeführt

Medikation

Baclofen, Ca-Antagonist, Intermittierend Benzodiazepin

Fragen

~ Welche Ursache hat die Erektionsstörung?

~ Welche weitere Behandlung kann empfohlen werden?

Diskussion und Verlauf

Es liegt offenbar ein Hypogonadismus bei atrophen Einzelhoden aufgrund von rezidivierenden Entzündungen vor. .Hierdurch ist der Libidoverlust und die sekundäre Erektionsproblematik erklärbar. Aufgrund der rezidivierenden Entzündungen musste im Verlauf die Entfernung des weitgehend funktionslosen rechten Einzelhoden erfolgen, da hier eine Entzündungsfokus bestand. Der Patient wurde über die möglichen Zusammenhänge der Hodenschädigung, dem niedrigen Testosteronwert und der Erektionsproblematik hingewiesen. Es erfolgte daraufhin eine Hormonsubstitutionstherapie mit Langzeit Testosterondepotinjektionen (3-Monats-Depot). Bereits nach wenigen Wochen verspürte der Patient neben einer Verbesserung des Allgemeinbefindens eine Verbesserung der Lebensqualität und auch der Libido. Die Qualität der Gliedsteife wurde mit der zusätzlichen Verordnung von PDE5-Inhibitoren in mittlerer Dosierung verbessert, wodurch ein für beide Partner zufriedenstelIender Geschlechtsverkehr 1-2 x monatlich erzielt werden konnte. Restharn- und Urinkontrollen finden regelmäßig statt.

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